ECOVILLAGES als Zukunftsoption?!
Published by Redakteur on 11. Juli 2014 - 10:10
Inmitten der Umwelt- und Gesellschaftskrise erhält die lokale Ebene wie schon in der "Agenda 21" der UN 1992 eine besondere innovative Rolle. Weltweit gibt es immer mehr Initiativen in Kommunen, die auf sehr unterschiedliche Weise zukunftsfähige Lebenswelten schaffen wollen. Einer dieser vielen Ansätze ist das "Ökodorf". Doch abgesehen von punktuellen Beschreibungen gab es bisher wenige wissenschaftlich fundierte und vergleichende Analysen.
Nun hat die an der Universität Washington tätige US-Politikwissenschaftlerin Karen Litfin eine solche Analyse vorgelegt (“Ecovillages: Lessons for Sustainable Community”). Sie besuchte 14 Ökodörfer auf fünf Kontinenten. Im Rahmen einer Berlin 21-Veranstaltung am 6. Juli 2014 im Haus der Demokratie und Menschenrechte zeigte sie zunächst mit eindrucksvollen Fotos die Vielfalt der Ökodörfer. Während der Diskussion sagte sie: "Nachhaltigkeit ist keine ‚Option’: Es ist die Grundregel für das Bewohnen unseres Heimatplaneten. Ecovillages haben einen großen Vorsprung im Herausfinden, wie Nachhaltigkeit gemacht werden kann."
Karen Litfin hat drei Ökodörfer in Deutschland analysiert: „Sieben Linden“, die „ufaFabrik“ und das „ZEGG (Zentrum für experimentelle Gesellschaftsgestaltung)“. Im letzteren fand im Juli das Jahrestreffen der europäischen Ökodörfer mit über 500 TeilnehmerInnen statt (GEN e.V.).Ökodörfer sind sehr heterogen: ländlich oder städtisch, 35 – 2000 BewohnerInnen, unterschiedliche Weltbilder (weltlich, interreligiös, spirituell). Es gibt gemeinsame Grundprinzipien, wie "Permakultur": die Harmonie zwischen Natur- und Sozialsystemen. Und Siebenlinden z.B. hat einen ökologischen Fußabdruck von nur 28 % des deutschen Durchschnitts!
Litfin wies darauf hin, dass das intensive Zusammenleben mit vielen anderen Menschen ein sehr ambitioniertes Unterfangen darstellt, dass dies zugleich aber auch lohnend ist und wie ein andauernder Selbstentdeckungs- und Selbstentfaltungsworkshop wirkt. Da die Ökodörfler einen neuen Lebensstil ausprobieren, müssen viele Entscheidungen getroffen und vorbereitet werden, was sehr zeitaufwendig ist, aber zugleich die Gruppenidentität stärkt. Wegen der Wichtigkeit eines gedeihlichen Miteinanders bilden sich viele Ökodörfler in Kommunikationsfähigkeit weiter, denn diese wird als wesentliche Alltagspraxis benötigt.
Die ökosozialen Errungenschaften in Nischen wie Ökodörfern können auf Gesellschaften ausstrahlen. Hierzu hat Litfin fünf Prinzipien definiert: Systemdenken, Subsidiarität, Teilen, Design und “die Macht des Ja“. Das letztgenannte Prinzip ist das, was Ökodörfer selbst bestens leben: ja, eine bessere Zukunft ist möglich! Ökodörfer "schaffen Parallelstrukturen für die Selbstverwaltung innerhalb der herrschenden Gesellschaftsordnung und demonstrieren, wie man auch mit weniger gut leben kann." In Berlin gibt es zahllose Ansätze dazu, aber auch der Veranstalter der Buchpräsentation Berlin 21 e.V. muss wohl noch manch dickes Brett bohren und benötigt viele MitstreiterInnen, damit Berlin zukunftsfähig wird.
Autor: Edgar Göll - Wissenschaftler am IZT- Institut für Zukunftsstudien und Technologiebewertung / Mitglied des Berlin 21 Sprecherrates
Eine Veranstaltung von
mit freundlicher Unterstützung durch das Institut für Zukunftsstudien und Technologiebewertung - IZT und
Das Radiointerview
(Sendung: "Geld oder Leben? Solidarische Ökonomie in Berlin-Brandenburg") mit Edgar Göll im Vorfeld der Buchpräsentation können Sie hier nachhören.
Die Sendung "Geld oder Leben? Solidarische Ökonomie in Berlin-Brandenburg" gibt es jeden Mittwoch kurz nach 8h im morgen:magazin von multicult.fm, UKW Berlin 88,4 (90,7) oder online: www.multicult.fm
http://www.contraste.netz-bb.de/ - hier werden selbstverwaltete Projekte und Initiativen vorgestellt, um die Vielfalt anderen Lebens und Arbeitens zu zeigen und deutlich zu machen, dass Projekte und soziale Bewegungen zusammen gehören.