Fachgespräch Gesundheit und Nachhaltigkeit

Am 13. Oktober 2016 lud Berlin 21 auf Initiative von Prof. Dr. Eberhard Göpel und in Kooperation mit dem Bezirksamt Mitte von Berlin zum Fachgespräch „,Zivilisationskrankheiten'als Indikatoren für die Qualität städtischen Zusammenlebens? Welchen Einfluss hat die soziale und ökologische Gestaltung des städtischen Lebensraumes auf die Gesundheitsentwicklung der Bürgerinnen und Bürger?"

Mit interessierten Fachleuten diskutierten wir über den Stand der gesundheitsbezogenen Berichterstattung in Berlin, über Präventions-Forschung zu urbanen Gesundheitsrisiken am Beispiel des Diabetes und zu Initiativen für eine nachhaltig gesundheits-fördernde Stadtentwicklung in Berlin.

Download: Dokumentation der Veranstaltung


Die Krankheitsentwicklung in Städten weist erhebliche sozialräumliche Unterschiede auf, die bisher kaum öffentlich thematisiert werden. Im Bereich der betrieblichen Gesundheitsförderung sind inzwischen systematische Anstrengungen zu verzeichnen, betriebsbedingte Krankheitsbelastungen präventiv zu beeinflussen. Im Bereich der kommunalen Gesundheitsförderung sind dagegen entsprechende Anstrengungen weniger entwickelt, obwohl die gesundheitsbezogenen Wirkungen zahlreicher sozialer und ökologischer Einflussfaktoren inzwischen gut belegt sind.

Mit dem Begriff “Zivilisationskrankheit“ werden bereits seit Jahrzehnten “nichtübertragbare Krankheiten“ („non-communicable diseases“= NCD’s in der WHO-Nomenklatur) zusammengefasst, für die dies zutrifft. Zu dieser verbreiteten Krankheitsgruppe zählen etwa Herzkreislauferkrankungen wie Herzinfarkte oder Schlaganfälle, Krebsentwicklungen mit einer klaren Umweltkomponente wie Lungen- oder Magen- und Darmkrebs, chronische Atemwegserkrankungen, Adipositas und Diabetes, Depressionen und verschiedene Suchtkrankheiten.

Gemeinsam ist diesen Krankheiten, dass

  1. pharmazeutische und chirurgische Behandlungskonzepte überwiegend wenig überzeugend sind und dass häufig durch eine verbreitete Über- und Fehlmedikationen zusätzliche medikamentöse Schädigungen erfolgen,
  2. ausgeprägte soziale Unterschiede sowohl bei den Gefährdungs- und Belastungskonstellationen als auch beim Zugang zu Bewältigungs- Ressourcen erkennbar sind, die eine erhebliche gesellschaftlich-strukturell induzierte Ungerechtigkeit von existenziellen Lebenschancen dokumentieren,
  3. derartige soziale und ökologische Unterschiede der Lebens- und Gesundheitschancen häufig auch kleinräumig in Quartieren und Bezirken einer Großstadt wie Berlin wirksam und nachweisbar sind,
  4. sozialräumliche Maßnahmen kommunaler Gesundheitsförderung im Zusammenhang mit einer gesundheitsfördernden Stadtgestaltung unterentwickelt sind und viele chronische Krankheitsentwicklungen durch eine noch ungenügend entwickelte Verhältnis-Prävention bedingt werden.

Diese gesundheitspolitischen Missverhältnisse haben in den vergangenen Jahren in einigen europäischen Ländern bereits zu einem Politikwandel zugunsten einer aktiven Gesundheitsförderungs-Politik geführt. In Deutschland engagiert sich die „Deutsche Allianz gegen nichtübertragbare Krankheiten (DANK)“ für wirksame Maßnahmen der Verhältnis-Prävention.

Deutlich ist, dass dabei die politische Gestaltungs-Verantwortung von Bund, Ländern und Gemeinden für eine nachhaltige Entwicklung gesunder Lebensbedingungen für alle Bürgerinnen und Bürger zu einer Kernaufgabe der kommunalen Daseinsvorsorge werden muss.

Aktuell erhält diese Zielsetzung durch die weltweite Initiative für eine „Neue Urbane Agenda“ im Rahmen der UN-Habitat III Konferenz im Oktober 2016 neue Impulse.


 

Zeitpunkt: 
13. Oktober 2016 - 13:00
Thema: 
Soziales